Deutschlandfunk: “Alla polacca – Polnische Einflüsse in der Barockmusik”

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Alla polacca – Polnische Einflüsse in der Barockmusik Giardino di delizie, Ewa Anna Augustynowicz, Violine & Leitung

Die neue Platte 07.08.2022, 09.10-09.30 Uhr

Am Mikrofon: Elisabeth Richter

URHEBERRECHTLICHER HINWEIS

Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig.

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Musik 1, Telemann Concerto „Alla polonese“ G-Dur, 2. Allegro (Ausschnitt), Tr. 2 Kurz ca 10 Sekunden

Rustikal-folkloristisch geht es in Telemanns Concerto G-Dur zu, es hat den Beinamen „Alla polonese“, also auf „polnische Art“. Mit 20 Jahren war Telemann Kapellmeister in Sorau geworden, dem heute polnischen Żary.

Musik 1, kurz wieder hoch

Seine Erinnerungen an die polnische Volksmusik verarbeitete Telemann in mehreren Werken. Doch auch schon im 17. Jahrhundert gab es einige, vor allem italienische Komponisten, die als Musiker in Polen wirkten und ebenfalls Elemente der dortigen Volksmusik für ihre Werke aufnahmen. Und sie beeinflussten ihrerseits polnische Komponisten mit dem Stil der italienischen Instrumentalmusik des frühen 17. Jahrhunderts. Grund genug für das polnisch-italienische Ensemble „Giardino di delizie“ eine CD mit dem Titel „Alla polacca. Polnische Einflüsse in der Barockmusik“ zu konzipieren und aufzunehmen. Wir stellen Ihnen das bei Da Vinci Classics erschienene Album heute vor. Am Mikrophon begrüßt Sie Elisabeth Richter.

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Musik 2, Tarquinio Merula: La Polachina Canzona a 2 violini Op. 12, Tr. 12

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Die neue Platte 07.08.2022, 09.10-09.30 Uhr

Diese tänzerische Melodie in der „Canzona a due violini“, der Canzone für zwei Violinen Op. 12 von Tarquinio Merula ist von polnischer Folklore inspiriert. Das Stück heißt „La Polachina“ – die kleine Polin. Merula, der von 1595 bis 1665 lebte, arbeitete fünf Jahre in Warschau in Diensten des polnisch-schwedischen Königs Sigismund III. Waza. Als einer der ersten Komponisten schrieb Merula Werke für konzertierende Instrumente und Basso continuo. Die polnischen Musiker in der Königlichen Kapelle in Warschau ließen sich davon inspirieren. Sie imitierten den Stil. Einer von ihnen war Adam Jarzębski, 1590 geboren. In seinem „Sentinella“ genannten „Concerto a tre“ wettstreiten drei Instrumente miteinander. Die Stimmung und der Charakter der einzelnen Abschnitte wechseln recht schnell – das ist typisch für die italienische Instrumentalmusik des frühen 17. Jahrhunderts.

Musik 3, Adam Jarzębski: „Sentinella“ Concerto a 3“, Tr. 7

„Sentinella“ Concerto a tre von Adam Jarzębski aus der Sammlung „Canzoni e Concerti“ von 1627. Es ist die erste große Sammlung von polnischen Werken für Instrumentalensembles, hier gespielt von „Giardino di delizie“. Dieses polnisch- italienische Barockensemble wurde 2014 von der Geigerin und Musikwissenschaftlerin Ewa Anna Augustynowicz gegründet und ist in Rom beheimatet. Es besteht nur aus Musikerinnen, die bei renommierten Alte-Musik-Spezialisten und -Ensembles studiert haben. Zu den Streichinstrumenten kommen – je nach Bedarf – Theorbe und Gitarre, Cembalo, Fortepiano oder Orgel.

Die Aufnahme entstand in der „Aula della Cultura“, einem runden Veranstaltungsraum- der „Gemeinschaft der lebenden Ethik“ in Città della Piave nahe Perugia. Die Akustik hat gegenüber einer Kirche den Vorteil nicht zu hallig zu sein, aber auch nicht zu analytisch trocken. So kann sich der warme und sehr homogene Streicherklang von „Giardino di delizie“ sehr gut entfalten. Die Stimmen treten solistisch hervor, wenn es die Komposition verlangt, aber sie mischen sich auch organisch im Tutti. Die Artikulation bleibt immer sehr genau, auch bei virtuoseren Passagen. Das dialogische Konzertieren meist zwischen den beiden Violinen lebt von einem frischen Puls.

Musik 4, Carlo Farina: Sonata prima detta „La Polaca“ a tre, Tr. 5

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© 20220807 Elisabeth Richter, 22769 Hamburg – Seite 3/5 Alla polacca – Polnische Einflüsse in der Barockmusik Giardino di delizie, Ewa Anna Augustynowicz, Violine & Leitung

Die neue Platte 07.08.2022, 09.10-09.30 Uhr

„La Polaca“ (Die Polin), die „Sonata prima a tre“ (a drei) von Carlo Farina, einem Geiger und Komponisten aus Mantua. In seiner Sonata verwendete er polnische Tanzrhythmen. Farina arbeitete u. a. in Dresden mit Heinrich Schütz zusammen, aber er wirkte auch einige Zeit in Danzig. Seine Sonaten für eine Violine oder mehrere konzertierende Violinen wurden wieder Vorbild für polnische Komponisten der Zeit, wie etwa Marcin Mielczewski, der wie Farina um 1600 geboren wurde. Interessant in Mielczewskis „Canzona prima a tre“ ist ein langes Cello-Solo am Ende des Stücks.

Musik 5, Mielczewski Canzona prima a tre, Tr. 19

Einige Jahrzehnte nach dieser „Canzona a tre“ von Marcin Mielczewski war der deutsche Komponist Johann Valentin Meder für zwölf Jahre Kapellmeister an der Marienkirche in Danzig. Er stammte aus Wasungen bei Meiningen und wirkte zum Beispiel in Leipzig, Jena, Hamburg, Lübeck und Kopenhagen, bevor er nach Danzig kam und später nach Riga ging, wo er 1719 starb. Von Meder ist hauptsächlich geistliche Musik überliefert, aber aus seiner Zeit in Danzig gibt es ein Werk für Streicher-Ensemble mit dem Titel „Der polnische Pracher“. Als Pracher bezeichnete man einen Geizhals oder auch einen aufdringlichen Bettler. Da braucht man ein wenig Fantasie, um sich so eine Figur bei dieser Musik vorstellen zu können. Ein langer ruhiger Abschnitt vermittelt ein wenig Lethargie. Das Ensemble „Giardino di delizie“ verliert aber nicht an Intensität und „stürzt“ sich dann lebendig in den folgenden schnellen, fugierten Teil.

Musik 6, Meder: Der polnische Pracher, 3. Finale, Tr. 10

Polnische Volksmusiker machten sich als Dudelsack-, Lauten- oder Drehleierspieler im 17. Jahrhundert auch auf den Weg in andere Länder, etwa nach Deutschland oder Österreich, und suchten gut bezahlte Arbeit. Ihnen wurde auch ein literarisches Denkmal gesetzt mit dem Buch „Der pohlnische Sackpfeiffer“. Es ist eine Sammlung – wie es im Untertitel heißt – von „allerhand lustigen Geschichten … artigen Fragen und kurzweiligen Antworten“. Der österreichische Komponist Johann Heinrich Schmelzer hat eine Sonate für zwei Violinen mit dem Titel „Polnische Sackpfeiffen“ geschrieben. Er zeichnet in den Violinen die improvisierenden Dudelsack-Melodien musikalisch nach und hat eine rustikale Bass-Stimme dazu geschrieben.

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© 20220807 Elisabeth Richter, 22769 Hamburg – Seite 4/5 Alla polacca – Polnische Einflüsse in der Barockmusik Giardino di delizie, Ewa Anna Augustynowicz, Violine & Leitung

Die neue Platte 07.08.2022, 09.10-09.30 Uhr

Musik 7, Schmelzer: Polnische Sackpfeiffen, Tr. 20

Musikantisch und lustvoll gehen die Musikerinnen von „Giardino di delizie“ auf diesem Album die Mischung aus italienischer Instrumentalmusik des 17. Jahrhunderts und polnischer Volksmusik an. Sie bildet den Schwerpunkt dieses auch sehr unterhaltsamen Albums „Alla polacca. Polnische Einflüsse in der Barockmusik“. Im 18. Jahrhundert ist Georg Philipp Telemann einer der wenigen, der polnische Volksmusik verarbeitete, weshalb er auf diesem Album nicht fehlt. Während seiner Kapellmeister-Zeit in Sorau, dem heutigen Żary, lernte der junge Telemann in Tavernen und auf der Straße diese Musik kennen. In seiner Autobiographie spricht er von ihrer „wahren barbarischen Schönheit“.

Musik 8, Telemann Sonata Polonese a 3 TWV42 a8 2. Allegro, Tr. 15

Abmoderation

Das war der Schluss des zweiten Satzes Allegro aus der „Sonata polonese“ von Georg Philipp Telemann. In unserer Sendung „Die neue Platte“ stellten wir Ihnen heute „Alla polacca – Polnische Einflüsse in der Barockmusik“ vor, eine Aufnahme des Ensembles „Giardino di delizie“ unter der Leitung der Geigerin Ewa Anna Augustynowicz. Das Album ist beim Label Da Vinci Classics erschienen. Am Mikrofon verabschiedet sich Elisabeth Richter.

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© 20220807 Elisabeth Richter, 22769 Hamburg – Seite 5/5 Alla polacca – Polnische Einflüsse in der Barockmusik Giardino di delizie, Ewa Anna Augustynowicz, Violine & Leitung

Die neue Platte 07.08.2022, 09.10-09.30 Uhr

Alla polacca – Polnische Einflüsse in der Barockmusik
Alla Polacca – Polish Influences In Baroque Music
Giardino di delizie, Ewa Anna Augustynowicz, Violine & Leitung

Da Vinci Classics 7.46160913858, LC 94531

Musik-Längen

Musik 1, Georg Philipp Telemann: Concerto „Alla polonese“ G-Dur TWV43: G7, 2. Allegro, Tr. 2
Gesamtlänge inkl. unter der Musik: 0 ́42

Musik 2, Tarquinio Merula: La Polachina Canzona a 2 violini Op. 12, Tr. 12

Gesamtlänge inkl. unter der Musik: 1 ́42

Musik 3, Adam Jarzębski: „Sentinella“ Concerto a 3“, Tr. 7

Gesamtlänge inkl. unter der Musik: 1 ́28

Musik 4, Carlo Farina: Sonata prima detta „La Polaca“ a tre, Tr. 5

Gesamtlänge inkl. unter der Musik: 2 ́36

Musik 5, Marcin Mielczewski Canzona prima a tre, Tr. 19

Gesamtlänge inkl. unter der Musik: 1 ́41

Musik 6, Johann Valentin Meder: Der polnische Pracher, 3. Finale, Tr. 10

Gesamtlänge inkl. unter der Musik: 1 ́28

Musik 7, Johann Heinrich Schmelzer: Polnische Sackpfeiffen, Tr. 20

Gesamtlänge inkl. unter der Musik: 2 ́20

Musik 8, Georg Philipp Telemann: Sonata Polonese a 3 TWV42: A8 2. Allegro, Tr. 15

Gesamtlänge inkl. unter der Musik: 2 ́07